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Damit der Lachs dereinst zurückkehrt


Bis vor 200 Jahren schwamm der Lachs vom Meer bis in die Flüsse unserer Region hinauf. Nun sollen die Voraussetzungen für seine Heimkehr geschaffen werden. Dafür gilt es allerdings, noch so manches Hindernis auszuräumen.


Es wäre wohl das grösste Comeback in der Geschichte der Zentralschweizer Fliessgewässer: wenn der Atlantische Lachs dereinst wieder barrierefrei bis in die Urner Reuss aufsteigen könnte. Im 19. Jahrhundert, mit einsetzender Industrialisierung, verschwand die grosse Fischart langsam aus unseren Gewässern: Verbauungen, Verschmutzung und die Befischung sind Gründe dafür. Später verunmöglichte die Wasserkraftnutzung der grossen Flüsse, insbesondere des Rheins, seine Wanderung vollends.

Heute findet eine Gegenbewegung zur Verbauungskultur des vergangenen Jahrhunderts statt. Überarbeitete Gesetze verlangen, bei neuen Projekten an europäischen Fliessgewässern die Ökologie wieder höher zu gewichten. Ein Leitbild in diesem europäischen Trend ist die Rückkehr des Atlantischen Lachses in seinen angestammten Lebensraum – und damit auch in die Zentralschweiz. Die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins hat den Lachs zur «Flagship-Species» erkoren, dessen Rückkehr das Symbol für die «Gesundung des Rheins» darstellen soll. Bis 2020 sollen die Fische den Altrhein und Basel erreichen können. Das schweizerische Gewässerschutzgesetz sieht vor, die Fischgängigkeit innerhalb der Schweiz bis 2030 wieder herzustellen. Auch hierzulande soll der Lachs – neben anderen Fischarten – als Leitfisch dienen.


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Der Lebensraum ist da, aber die Kraftwerke sind im Weg

«In der Schweiz, insbesondere in der Zentralschweiz befinden wir uns am Rand des natürlichen Verbreitungsgebietes des Lachses», erklärt Werner Dönni. Er ist Inhaber des Fischwerks in Luzern, das sich auf Fischbiologie, Gewässerökologie und Geoinformatik spezialisiert hat. Mit seinem Team hat er für das Bundesamt für Umwelt auch eine Auslegeordnung zur Rückkehr des Lachses in der Schweiz angefertigt. In dieser Studie sind auch die Gewässer ausgewiesen, in denen der Lachs einst heimisch gewesen sein soll. In der Zentralschweiz hat der Atlantische Lachs etwa in der Lorze gelaicht, vermutlich auch in der Muota, der Engelbergeraa, der Sarneraa, in der Reuss bis nach Uri und in der Kleinen Emme bis nach Schüpfheim. Auch in der Grossen Melchaa soll er vorgekommen sein. Nach der Wanderung der Jungtiere in den Atlantik kehrten diese als erwachsene Tiere wieder an den Ort ihrer Geburt zurück – bis der Weg zurück dann eben versperrt war.

«Das neue Gewässerschutzgesetz fordert insbesondere auch die Sanierung der Wasserkraftwerke.» Dönni rechnet vor: «Inzwischen müsste ein Lachs rund elf grosse Wehre überwinden, wenn er von Basel nach Luzern gelangen wollte.» Gemäss Auflagen soll der Lachs bis 2030 freie Bahn in Schweizer Gewässer haben – auch wenn vieles auch von den Bemühungen im Ausland abhängt, etwa den grossen Kraftwerken in Frankreich.

Erst drei Exemplare der Wanderfische wurden in den vergangenen Jahren im Rhein bei Basel nachgewiesen. Wie schätzt Dönni die aktuelle Situation in der Schweiz ein? «Seitens der Kraftwerkbetreiber wird heute schon einiges gemacht.» Er spielt damit gerade auch auf die grossen Wehre am Hochrhein an. Sie sind besonders komplex zu sanieren. «Da braucht es flexible und innovative Lösungen», so Dönni. Aber auch in der Region gibt es aktuelle Beispiele (siehe Kasten).

Die Voraussetzungen für die Rückkehr des Lachses in unseren Gewässern fasst Dönni so zusammen:

- Sauberes Wasser. «Das ist in unseren Flüssen kaum ein Problem.»

- Aufstiegshilfen wie Fischtreppen und Umgehungsgewässer bei Wehren von Kraftwerken und anderen künstlichen Hindernissen. So können erwachsene Tiere vom Atlantik her aufsteigen.

- Laichplätze, insbesondere Kiesbänke. «Davon haben wir bei uns bereits viele.»

- Lebensraum für Jungtiere. «Dieser ist auf vielen Abschnitten gewährleistet.»

- Schliesslich braucht es auch Abstiegshilfen bei den Kraftwerken für die 15 bis 20 Zentimeter grossen Jungtiere, die ins Meer hinunterschwimmen.


Idealerweise richtet sich die Sanierung von Gewässerabschnitten – also das Zusammenspiel von Revitalisierung, Fischdurchgängigkeit und Restwassermenge – nach dem grössten Fisch im Fluss. Das ist aktuell in unseren Gewässern die Seeforelle, die ebenfalls unter Druck steht. Mit bis zu 90 Zentimetern Grösse ist die dem Lachs verwandte Art auch ähnlich gross – nur können Lachse bis zu 130 Zentimeter gross werden. Zudem haben beide Fische ähnliche Ansprüche an Wasserqualität und Laichplätze.

Die Kantone sollen die Sanierungen übrigens nichts kosten. Sie sind zwar für die Koordination zuständig. Finanziert werden sie aus Geldern des Energieversorgers Swissgrid. Für Restwassersanierungen sind die Kraftwerke zuständig.


Zukunftstaugliche Lösungen sind gefragt


«Wir müssen uns schon vor Augen halten, dass es noch lange geht, bis der Lachs dereinst wieder in unseren Gewässern schwimmt. Doch die Voraussetzungen sollen schon jetzt geschaffen werden», sagt Dönni. Wichtig sei dabei auch, dass man bei Neukonzessionierungen die Möglichkeiten zu späteren Anpassungen einbaue. «Die Schweiz hat sich entschieden, bei diesem Comeback mitzumachen», hält Dönni fest, «konsequenterweise beginnt sie schon heute mit der Schaffung von guten Voraussetzungen.»