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Berufsfischer verlangen einen «schmutzigeren» See


FISCHEREI ⋅ Die Netze im Vierwaldstättersee bleiben immer öfter leer. Abhilfe schaffen soll nun ausgerechnet ein höherer Phosphorgehalt.

Gebackene Egli-Filets mit Tartarsauce oder Felchenfilets Luzerner Art: Die heimischen Fischsorten sind von den Speisekarten der hiesigen Restaurants kaum wegzudenken. Doch gleichzeitig gehen die Fangzahlen am Vierwaldstättersee stetig zurück. Berufsfischer aus der Region bangen deshalb um ihre Zukunft. Im vergangenen Jahr gingen ihnen rund 87 000 Kilogramm Fisch in die Netze, wie aus den Fangzahlen der Dienststelle Landwirtschaft und Wald hervorgeht. Vor fünf Jahren waren es noch fast 140 000 Kilogramm.

Als Hauptursache für den Rückgang des Fischbestands sieht der Berufsfischerverband Vierwaldstättersee den geringen Phosphorgehalt und die damit einhergehende Nährstoffarmut im See. Sprich, das Wasser im Vierwaldstättersee ist zu sauber. Um die Fischbestände langfristig zu stabilisieren, fordert der Verband nun eine Untergrenze der Phosphorkonzentration. Darüber informierte er gestern an einer Medienkonferenz. Statt der derzeit 4 Mikrogramm pro Liter soll der Wert auf mindestens 10 Mikrogramm erhöht werden. Dem Verbandspräsidenten Michael Näpflin zufolge handelt es sich dabei um eine moderate Anhebung, welche jedoch die Lebensgrundlage der Fische verbessern soll. Die Trinkwasserqualität würde darunter laut dem Verband nicht leiden.


«Phosphor als Gift»

Diese Forderung wirkt auf den ersten Blick erstaunlich, zumal jahrelang das gegenteilige Ziel verfolgt wurde. In den 60er-Jahren warnten unter anderem Berufsfischer vor einer drohenden Überdüngung und einer zu hohen Phosphorkonzentration in den Schweizer Seen. Auf ihre Initiative wurde der Phosphorgehalt seit den 70er-Jahren mittels Reinigungsprogrammen erfolgreich gesenkt. Der Vierwaldstättersee erreichte seine höchsten Phosphorwerte Ende 1970 mit 32 Mikrogramm pro Liter. Zum Vergleich: Der Sempachersee erreichte Spitzenwerte von 500 Mikrogramm.

«In vielen Köpfen ist Phosphor heute noch immer wie ein Gift», sagt der Berufsfischer Näpflin. Es brauche daher eine politische Diskussion, um diese Auffassung zu ändern. Der höhere Phosphorgehalt kann indes relativ einfach erreicht werden. Bei Kläranlagen kann man regulieren, wie viel Phosphor aus dem Wasser gefiltert wird.

Näpflin fischt seit bald 30 Jahren auf dem Vierwaldstättersee. Einen Teil seines Fangs serviert er in seinem Restaurant in Seelisberg. Seinen Eigenbedarf könne er somit decken, doch für viele seiner Kunden reiche es oft nicht mehr, sagt Näpflin. Um die gleichen Fangzahlen wie vor einigen Jahren zu erreichen, müsse er heute ausserdem mehr Zeit auf dem See verbringen als früher. Auch die Berufsfischerin Sabina Hofer aus Meggen sorgt sich um die Zukunft ihres Berufsstands. «Der Nachwuchs fehlt in unserem Handwerk, und der Beruf steht kurz vor dem Museum.» Mit ihren 43 Jahren ist sie die jüngste Berufsfischerin in der Region. Hofer hat neben ihrer Tätigkeit als Fischerin noch eine andere Teilzeitstelle, um über die Runden zu kommen.


«Ein echter Hilfeschrei»

Auch der Kanton beobachtet die Situation mit Sorge: «Die Initiative der Berufsfischer des Vierwaldstättersees ist ein echter Hilfeschrei», sagt Peter Ulmann, Leiter der Abteilung Natur, Jagd und Fischerei. Die Zukunft des Berufsstandes sei zunehmend in Frage gestellt. Dass höhere Phosphorwerte letztlich den gewünschten Mehrfangertrag bringen würden, ist Ulmann zufolge zwar zu erwarten, aber nicht garantiert. Im Zugersee sei die Nährstoffkonzentration rund 20 Mal so hoch wie im Vierwaldstättersee, und doch seien die Fangerträge der Berufsfischer schwach.


Von der Speisekarte gestrichen

Damit Restaurants ihren Gästen trotzdem Fisch anbieten können, müssen einige auf Import- oder Zuchtfisch umsteigen. Ein Beispiel ist die Firma Tavolago, welche die Passagiere auf den Schiffen der Schifffahrtsgesellschaft verpflegt. «Die Fische aus dem Vierwaldstättersee sind ein Bruchteil von dem, was wir bräuchten», sagt Geschäftsführer Fredy Wagner. Im vergangenen Jahr mussten sie die Fischsorte Albeli – auch bekannt als Kleinfelchen – von der Speisekarte nehmen. «Den Rückgang der Fischbestände merken wir massiv», sagt er. Stattdessen bieten sie nun Zuchtforellen vom Fischhaus Mühlethal an. «So können wir zumindest regionale Produkte anbieten», sagt Wagner. Doch auch Egli aus Deutschland, Zander aus Alaska sowie Lachs aus Grönland kommen bei der Tavolago manchmal auf den Teller.



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